Song of Myself

 

SONG OF MYSELF

medienübergreifende Installation, 2012; C-Prints, Diasec: 20 x 30 cm/50 x 100 cm/100 x 200 cm; hexagonale Soundbox, Holz/Lack; Audioinstallation, ca. 15 min, Loop; Video I, ca. 12 min, Loop; Video II, ca. 35 min, Loop

 

Die Nachwirkung des Trugs

Thomas Trummer

I

Die Bilder zerrinnen und zerfließen. Sie zerstäuben vor den Augen, angetrieben von flimmernden oder gashaltigen Kräften. Sogar der Brennpunkt scheint von den zersetzenden zentrifugalen Energien ergriffen. Gegen die Ränder hin verflüchtigen sich die Konturen. In den Fotos selbst wirbelt ein flüchtiger Rausch. Beim Betrachter bleibt der unklare Dunst einer konfus machenden Benommenheit. Historische Bilder sind ein unruhiges Reich, unbequem und bedrückend. Zum anderen sind sie heimelig, vertraut, nahestehend. Ines Agostinelli zeigt, was Menschen an sich selbst bindet. Sie sammelt deren gesammelte Bilder. Zum Teil werden die Kleinformate aus den heimatlichen Alben fast menschengroß vergrößert. Agostinelli fotografiert die Motive ab, zum Teil wählt sie Details für ihren Ausschnitt, sodass ”Bildinhalte freigelegt werden, die so niemals beabsichtigt waren und nur zufällig festgehalten wurden“. Die Ästhetik des Zufalls kehrt sich in ihr Gegenteil, wenn mit extremen Nahlinsen Einzelheiten aus dem Kontext heraus gehoben werden. Der abweichende Fokus dreht die Kernformationen der Bilder um. Alle Sujets sind digital aufgenommen, werden aber nach der Aufnahme nicht mehr weiter bearbeitet. Damit gleichen sie sich dem ursprünglichen analogen Verfahren an, dem die meisten Bilder entstammen und das im Übrigen auch viel kostspieliger war und spontane Aufnahmen seltener machte. In der mangelnden Tiefenschärfe werden sinnreiche Störungen sichtbar, zugleich zeichnet sich eine irritierende Räumlichkeit ab. Sie provozieren eine „nur scheinbare Bewegung“, in der das »Traum-hafte« durch das »Verschwommene« dringt. „Ein gutes Beispiel dafür ist der Soldat,“ schreibt sie, „der leicht im Profi l vor einem Wagon steht. Das ursprüngliche Foto zeigt den gesamten Zug, einen Truppentransport, der angehalten wurde. Viele Soldaten stehen oder sitzen wartend auf dem Bahnsteig, andere halten aus den Fenstern Ausschau, wie es wohl weiter geht, ganz hinten verhandelt ein Angestellter der Bahn (?) in dunkler Uniform mit einigen der Passagiere.“

II

Bilder wie diese stellt sie zu Serien zusammen. Die Ausstellung selbst besteht zudem aus drei Bildvergrößerungen im Diasec-Verfahren mit übereinander gelegten Gesichtern, zwei Videos und einer hexagonalen Hörbox. Darin sind Sounds zu hören. Gesprochene Texte, die auf Auszügen einzelner Interviews beruhen und „wie die sprunghafte Abfolge von Erinnerungen einer einzigen Biografie gestaltet sind“. Die Innenseiten der akustischen Box stellen einzelne Bilder dar. Unter anderem wird ein vielfi guriges Gruppenbild das Ausgangsmotiv, das auf einem Ozeandampfer während der Fahrt in die Emigration nach Übersee aufgenommen wurde. Daneben sind zwei Videos zu sehen. In »Ohne Titel I« wird das Bildmaterial animiert und zu einem zwölfminütigen Loop verdichtet. In »Ohne Titel II« sind die Personen, die die Bilder zur Verfügung stellen, aus der Sichtbarkeit getilgt. Wie schon für die Unschärfe gilt hier die Peripherie des Blicks, die Bekundung des Eigenen allein durch das Äußere, den Blick des Anderen. Alle Sujets, die Agostinelli von ihren freiwilligen Leihgeber/innen auswählt, werden entfremdet. Sie scheinen wie von der Erwärmung einer inneren Bewegung angetrieben. Mit dieser gleichsam kinetischen Energie verlieren sie die private Kenntlichkeit. Das Persönliche muss minimiert werden, um das Allgemeine zu veranschaulichen. In allen Bildern, auch in jenen, die vermeintlich privat oder intim erscheinen, bekundet sich ein allgemeines Bildverständnis, kollektive Gebräuche der Darstellungen und verborgene Zwänge der Blickkultur. „Dafür schien mir das allzu Konkrete eher hinderlich,“ sagt sie. „Daher habe ich jene Details gewählt, die ich als so kollektiv verankert betrachte, dass sie, wie von selbst und über die Zeiten hinweg, Assoziationen und persönliche Erinnerungen auslösen. Ein schlichtes Beispiel, das Bild von den Beinen in der Sommerwiese. Jeder kennt den Ausflug an einem heißen Tag, Ausruhen im Schatten, Gräser und Blumen auf der Haut.“ In Vergleich und Überlagerung, in Collage und Assemblage, verflüchtigt sich das Eigene und verfließt mit dem Fremden. Das Ich wird zu einem möglichen Anderen und jeder Andere zu einem möglichen Ich.

III

Was ein konventionelles fotografisches Bild liefert, sind zuallererst Fakten. Fotos sind Zeitzeugnisse – im Falle von Erinnerungsbildern – Lichtbilder der eigenen Geschichte, Versatzstücke des Gegenwesen-Seins. Agostinelli bringt diese Sicherheiten ins Wanken. Die Motive verfallen unter ihrer Manipulation in einen Taumel, so, als wäre ihnen die verunsicherte Wahrnehmung bereits von vorne herein eingeschrieben. Gibt es das? Eine Fotografie, die bereits im Moment ihres Entstehens jene Verunklärung eingeschrieben erhält, die sie erst durch den Zug der Zeit hervorbringen wird. Ist die Fotografie, das immer noch objektivste visuelle Verzeichnungsmittel, womöglich schon von vorn herein ein magischer Abdruck, der die Möglichkeiten seiner hinkünftigen Interpretation schon im Jetzt festhält? Ist das Ziehen zukünftiger Zeit im Moment der Aufnahme gegenwärtig? Verbirgt sich das Werden nicht schon im Sein eines Bildes? Wie auch immer diese Fragen beantwortet werden, fest steht, dass Bild und Bilderfahrung in Agostinellis Werken aus dem Gleichgewicht kommen, weil sie sich verflüssigen und ineinander fließen. Kaum zu unterscheiden, ob hier Bilder eine Erinnerung oder Erinnerungen ein Bild auslösen. Es ist das Wechselspiel von aktuellem Sehen und aktualisiertem Gesehenen, das diese Bilderfahrung in die Entfremdung treibt, eine Verunsicherung, die ebenso vergnüglich wie schmerzvoll sein kann.

IV

Agostinelli hat über Aufrufe im Radio und Fernsehen Menschen aus Vorarlberg gebeten, ihr Fotos ihrer Biografie zur Verfügung zu stellen. 80 sind diesem Aufruf nachgekommen. Agostinelli achtet darauf, dass jede/r Einsender/in in ihrer Arbeit in der Ausstellung im ORF-Zentrum repräsentiert ist. So verarbeitet sie eine Hundertschaft von Bildern in ihrem Video »Ohne Titel I«. Desgleichen steigert sich die Zahl der Porträtierten durch diese Vorgangsweise, weil viele Sujets mehr als nur eine Person enthalten und auch viele Abgebildete unbekannt sind. Bevor es dazu kommt, sammelt sie Postsendungen, Zuwendungen und Gespräche. Die Mitteilsamkeit der Menschen überrascht. Es erstaunt, wie stark das Bedürfnis ist, von sich und den Seinen, vor allem von der eigenen Geschichte zu erzählen. Die Künstlerin wird zu einer Biografin, fast zu einer öffentlichen Archivstelle, die nicht nur Material, sondern auch individuelle Gestimmtheiten entgegen nimmt. In ihrem Atelier türmen sich intime Erinnerungen, Lebensberichte, Weltanschauungen und persönliche Retrospektiven. Es geht darum, eine Auswahl zu treffen. Was bleibt, wird sie durch ihre Verwendung weiter bewahren. Aus Erzählungen werden Öffentlichkeiten.

V

»Sollten wir nicht jedes Mal, jedes glückliche und beschauliche Mal, wenn wir ein Buch aufschlagen, darüber nachdenken, wie das Wunder überhaupt möglich wurde, dass dieser Text zu uns gelangte?«, gibt Georges Didi-Huberman einmal zu denken. Er spricht über die Hindernisse der Aufzeichnung. Bezeichnend findet er das Eigentliche des Archivs in seiner Lücke, »im durchlöcherten Wissen«. In Agostinellis Fotografien sind es nicht die Lücken, sondern die Verwerfungen, Bewegungen, Motivationen. Ihre Bilder scheinen wie von Wellen bewegt, von Winden verweht oder von Wassern verwaschen. Vermeintliche Lücken stellen sich als Verflüchtigungen dar, die von der Mitte zu den Rändern wandern. In einem dieser Bilder trägt ein Bub einen Soldatenhelm. Hinter ihm befinden sich seine Spielkameraden. Sie lachen und sind heiter. Mit der ungestümen Verve eines jungen David wirft sich der Bub einem Gegner entgegen. Mit ganzem Körpereinsatz versucht er, unterstützt vom Schwung seines ausgefahrenen Armes, einen Stein oder anderes Wurfgerät nach vorne zu schleudern. Zur amüsierenden Schaulust seiner Gefährten im Hintergrund simuliert der Knabe die Entschlossenheit eines ernsthaften Angriffs. Der Fünfjährige wird – das wissen wir – kein übermenschliches Monstrum besiegen, sondern ein unterlegenes Tier, ein Insekt vielleicht oder einen Wiesenfrosch. Vielleicht auch einen missliebigen, schon am Boden liegenden gleichaltrigen Gegner im Zwist eines lokalen Bandenkriegs. Das Zielobjekt seines Schlages bleibt unbekannt. Sein Opfer ist vom Bildrand abgeschnitten. Was bleibt, ist die Schuldvermutung lebhaft kindlicher Aggression. Das Kampfspiel bezeugt allerdings auch größere, beängstigendere Dimension. Liefert es nicht den Nachweis, dass nur wenig ältere Kinder dieses Landes in düsterer Zeit zum Kriegsdienst herangezogen wurden? Seine Bereitschaft, das Monstrum, den Goliath, zu bezwingen, steht für die räudige Geschichtsmacht damaliger Ideologie, die sich selbst für unbezwingbar und tausendjährig hielt, und das martialische Spiel der Kinder gerne und ausreichend förderte. Das schwarz-weiße Foto ist von der Bewegung des Buben wie mitgerissen, die drei Begleiter bilden die Zeugen. Sie sind der Rückhalt, ja die Nachhut des kleinen martialischen Avantgardisten, der von den Maschinerien der Moderne angespornt, die eigene Selbstüberschätzung genüsslich kostet. Er fühlt sich als Inhaber einer Kompetenz, die ihm der Stahlhelm verleiht. Mit dieser Waffe, die eigentlich eine Schutzvorrichtung ist, steigert sich seine Leistungsbereitschaft zum adoleszenten, wenn nicht sogar erwachsenen Kraftmaß. Der Jüngling fühlt sich als junger Held und Kriegstreiber. In seiner aufgeweckten Geste spiegelt sich die damalige Mobilisierung des Unverstands, in der Wollen und Können plötzlich in eins fallen. Er ist der leistungsstarke, moderne Könner, der die Gegenwehr der Aufklärung und liberalen Vernunft mit einem Hieb annulliert.

VI

Damit scheint in diesem privaten und fast zufälligen Schnappschuss die Kernschuld des vorigen Jahrhunderts verdichtet. Vielleicht sind die Bilder, wie Agostinelli meint, gerade dadurch wirksam, dass sie durch ihre Manipulation „zwar historischen Ursprungs, aber nicht historischen Inhalts sind“. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Bilder geschichtsfrei wären. Im Gegenteil, gerade in ihrer Unkenntlichmachung wird das Problem der Bild- wie der Geschichtsverarbeitung offenkundig. Agostinelli, die sich mit einem ähnlichen Fragenkomplex in dem Ausstellungs- und Buchprojekt »Kuranstalt« beschäftigt, analysiert nicht nur historische Orte und ihre »Querverbindungen« zu NS-Verbrechen, sondern auch den heutigen Umgang mit ihnen. Die Kuranstalt, die nach dem Krieg erbaut wurde, wird von einem Arzt geführt, der sich seine Verdienste während der NS-Zeit erwirbt, und dessen Mentor sich, noch bevor er in den Nürnberger Prozessen aussagen kann, das Leben nimmt. Dies hindert ihn nicht, ein Porträt seines Vorbilds in sein Büro zu hängen. Bilder belegen Historie, sie werden aber auch zu Zeugen eines Jetzt, dem sie nicht entstammen. Die zahlreichen jüdischen Patient/innen mögen in diesem Bildnis nichts ahnen, und dennoch überwacht es ihre Heilbemühen mit einem geschichtsträchtig prekärem Auge. Ist nicht die NS-Zeit eine Zeit der Mitläufer/innen und Zuseher/innen, „denen man das »Wir haben von nichts gewusst« gerne in den Mund legt“? Die Vorarlberger Historiker, die verdrängte NS-Geschichte freilegen, brauchen jahrelang Polizeischutz. Das Bildverstehen ist für die historische Erkenntnis unerlässlich, doch bleibt es ein kritischer Bereich, weil Bilder von Verbrechen, Konflikt und Krieg zumeist mediale Bilder sind. Sie unterliegen vorgeformten Filtern, die eine unvoreingenommene Dekuvrierung durch die spätere Geschichte erschweren. So speichern sich in ihnen die jeweiligen technologischen Standards der Aufzeichnungsmöglichkeiten. Dies ist gut an den Verwischungen zu sehen, die von jeher den Gesetzen der Apparatur und weniger dem Blickbedürfnis geschuldet sind. Entscheidend sind zudem die Distributionsformen. Im Zeitalter des Internet sind Informationen schneller, transparenter, komplexer zu ermitteln als in den 40er Jahren. Und dennoch: Auch damals wären bedenkliche Erkenntnisse Berichten und Bildern zu entnehmen gewesen. Allein, aus Bildern werden noch nicht zwingend Taten. Agostinelli traut gegenwärtigen Bürger/innen kaum mehr Zivilcourage zu. „Halte ich eine Zeitschrift in der Hand, die mir von Terrorregimes heute, Menschenversuchen heute, von Folter heute, von Strafgefangenenlagern heute, die den damaligen KZs in vielem so grausam ähnlich sind, u.s.w., berichtet, wähle ich nach Tagesverfassung, ob ich mir diese Informationen zumuten kann oder nicht. Und selbst wenn ich den Artikel lese, dann als minimalstes Zeichen von Solidarität, weil ich weiß, dass ich darüber hinaus nichts unternehmen werde.“

VII

Die Nachwirkung des Trugs wird in der Erinnerung der Folgegeneration zur Scham. Die Scheu, dem Bild geschichtsvernichtende Gewalt anzutun, die auf den Besitzer rückwirken könnte, hat es wohl auch vor der Vernichtung gerettet. Wer diese und ähnliche Zeugnisse sein Eigen nennt, kann der Fragwürdigkeit seiner Ahnen nicht ganz entkommen. Denn nur wenige Bilder mit kämpfenden und behelmten Schlägern haben überlebt. Besonders jene nicht, die neben Helmen noch Uniformen, Abzeichen und Waffen trugen. Diese Sujets mussten vernichtet werden, auch wenn sie einstmals stolz aufgenommen wurden. Sie mussten verschwinden, weil nur so die zukünftige Erinnerung verdrängt werden kann. Damit ist belegt, dass Fotos ihr künftiges Schicksal schon in sich tragen. Denn es sind die Bilder, die die Zeit festhalten, und sich fortan gestützt auf ihren Dokumentarwert hartnäckig gegen die Geschichtsklitterung wehren. Dieses aber, das den Vorschulknaben zeigt, beweist noch anderes, nämlich die Instrumentalisierung, wie Unschuld in dieser ungeheuren Zeit vereinnahmt, wie kleinkindhaftes Unwissen schon mit Kriegslust infiziert worden war. Darin beschuldigt es die anderen, die Älteren und Eltern, die Getreuen und die Machthaber. Nicht zuletzt kündigt sich gerade in der Naivität der Niedergang an, die die Goliaths des Dritten Reichs doch hinnehmen mussten. Wer Kleinkinder anregt, sich mit der Faust zu bemächtigen, wird durch dieselbe Faust umkommen. Die verschatteten Augen des Buben deuten es an. Die zerlaufenden Umrisse seiner Gefährten nicht weniger. Gerade weil das Bild zerrinnt, vermag es die Widersprüche der Geschichte zu bewahren, der privaten ebenso wie der politischen und kollektiven.

VIII

Das Archiv ist grau. Didi-Huberman meinte, es zeigt die Asche des Umgebenen, die Spuren des Verkohlten. Es sei das Gedächtnis des Feuers, welches wir in jedem seiner Zeugnisse entdecken. Für die Bilder, die Agostinelli zeigt, gilt nachweislich anderes. Sie sind kaum von Feuer gezeichnet, eher von Wasser, von den Schlieren der Verwaschung und Verwässerung. Fotografische Bilder erleben im Wasserbad ihre Verwirklichung. Aus einem unsichtbaren Eindruck des Lichts wird unter dem Einfluss von chemischen Liquiden ein sichtbares Bild. Manche von Agostinellis Motiven erinnern an diese Effekte, die vermehrt genutzt wurden, als Fotografie noch analog und das Bilderherstellen noch ein Prozess war. Vielleicht ist diese Spur des Flüssigen das Gegenstück zum Feuer. Zeigt sich am Feuer die Zerstörung der Kultur und am Wasser womöglich ihre Entstehung? In jedem Fall ist hier eine Kulturarchäologie angesprochen, die die Bildverfertigung ins Kalkül nimmt, und dies in zweierlei Hinsicht. Es geht um den Gegensatz zwischen material und mental. Das, was sich an den fotografischen Sammlungen Agostinellis als Verflüchtigung abzeichnet, ist nicht ein Entschwinden, sondern ein Entstehen. Es ist das Noch-Nicht, welches das Bild während seiner Selbsthervorbringung zeigt. Daher auch die radiale Fokusentkräftung, der zufolge sich die Bildmitte verfestigter zeigt als die verlaufenden, verwirrenden Zonen am Rande. Der Begriff der Verwässerung ist nur mental gerechtfertigt, nicht material, weil das Bild über eine verflüssigte Ontologie erst zu seinem, uns bekannten und greifbaren Sein bringt. Kurz, das Foto als Gegenstand betrachtet, ist auf die Zukunft gerichtet, auf ein Mehr und ein Werden. Indes ist das Bild als Erscheinung, Wahrnehmung und Auffassung ein in der Erinnerung sich verlierendes Etwas. Wenn wir erinnern, verlieren wir die Gegenwart. Bilder zerrinnen uns wie Flüssiges zwischen den Fingern. Erlebtes taucht auf, gleichsam aus dem Wasser kommend, verfl üchtigt sich wieder darin, droht unterzugehen und im Versuch der Arretierung in die Dunkelheit des Vergessens zu versinken. Jedes Bild der Erinnerung ist von dieser Unlust des Dürftigen, Defizitären verschattet. Ja, es kann aktualisiert werden. Und dennoch bleibt es nur Abdruck eines verlorenen Erlebens. Es verliert sich in ein Zuwenig, ein Vergehen und Zergehen. Agostinelli greift diesen Widerpart von Materialität und Mentalität auf, sie arbeitet mit der Ambivalenz des Zuviel und Zuwenig. Dabei bekräftigt sie das Schwindelgefühl der sich mühenden Einbildungskraft durch ihre ästhetischen Eingriffe. Denn nur unter ihrer nachträglichen Verwischung dehnen sich die Lücken getrennter Räume und Zeiten noch weiter.

IX

Ein anderes Beispiel ist das Foto eines sich umarmenden Paares. Die beiden liegen auf gestreiftem Bettzeug. Vom Mann sind nur der nackte Rücken, Teile seiner Hose und der rechte Arm zu sehen. Die Frau hat sich zu ihm gedreht, umarmt zärtlich seinen in das Polster vergrabenen Kopf. Mit der Rechten greift sie auf den Hosenträger, der sich zwischen seinen Schultern zu zwei schlanken Gurten teilt. Das Spiel ist reizvoll, die erotische Anziehung, die Lust an dem kleinen gefundenen Fetisch ist prickelnd und spürbar. Vielleicht ist der vorsichtige Griff auf den Träger das »punctum«, von dem Roland Barthes sprach, ein Moment des Bildes, das sich der Sprachlichkeit entzieht. Es ist derselbe Moment oder vielmehr das Moment – weil es um Bewegung geht und nicht um Zeit – das uns nichtsdestoweniger in den Bann zieht, von dem wir nicht lassen können. Agostinelli setzt den Fokus nahe dieser Berührung, in die Nähe des »punctum«. Der Brennpunkt der Bildschärfe liegt am Hosenansatz des Mannes. Der übrige Bildgrund, ja der Unterkörper der Frau verschwindet in nebelhafter Trübung. Die aufsteigende Bilddiagonale dient als Formalprinzip dieser Trennung. Was sich über ihr befindet, fällt unklar quellendem Formvolumen anheim. Als ob wir das Sujet durch ein Vergrößerungsglas oder eine Zauberkugel betrachteten, zeichnet sich die frühe Liebe ab. Sie entsteht von Neuem, wächst aus tonigem Grund und wird, obwohl schon lange verschüttet oder niemals erfahren, durch das Bild wieder erlebbar. Obschon dieses Bild schwarz-weiß oder »grau« ist, wie Didi-Huberman von allen Archivalien meinte, ließe sich von einem Kolorit, einer Färbung sprechen, die zu Gesicht gelangt. Eine vorgebliche Farbigkeit erwirkt die Verlebendigung, die Gegenwart, ja den Schmelz. Agostinelli spricht von »chromatischen Abberationen«. Und dennoch. Auch unter dem wohligen Amalgam von Dunst und gesehener Farbe nehmen wir die bittere Zeit wahr, während der dieses Bild entstand. Aus dem Grau wird unter einem dekuvrierenden historischen Blick ein Gräulich oder gar Grausam. Es ist nur ein Detail, welches uns Rückschlüsse auf sein Entstehungsdatum gibt. Es ist die Frisur der Frau. Die Liebende trägt die Haartracht der Vierziger Jahre. Es sind die mit Brenneisen ondulierten Wellen, die an der Seite ihres Gesichts säuberlich herabfallen. Dies genügt, um in dem ungetrübten Liebespiel auch einen Akt der Verdrängung zu sehen, den erotischen Müßiggang vielleicht sogar als Verantwortungslosigkeit zu interpretieren, weil wir, die Beschauer des Bildes die Geschichte nicht verkennen können wie das liebende Paar, die süße Blindheit des Trugs. Agostinelli bestätigt und korrigiert zugleich. Wer das Bild betrachte, stelle sich tatsächlich eine Aufnahme aus dem Zweiten Weltkrieg vor. Allerdings ist dieser Befund, der mehr der Projektion als der Kenntnis entspringt, nicht korrekt. „Das Bild ist einer handschriftlichen Chronik entnommen, einer Art losem Tagebuch eines Berghauses mit eingeklebten Fotos, das Anfang der 20er Jahre beginnt und Mitte der 30er Jahre endet.“ Und dennoch, gerade in der Verwässerung unseres heutigen (Rück-)Blicks kontrahieren historische Details. Sie schließen die Lücken eines Gedächtnisses, das sich an eine Zeit erinnert, die es nie erlebt hat und gerade deshalb so trefflich vor Augen erscheint.

 

The Aftermath of Deceit

Thomas Trummer, art historian and curator

 

I

The images dissolve and melt away. They atomize and disperse before our eyes, powered by flickering or gaseous forces. Even the focal point appears gripped by subversive, centrifugal energies. The contours fade towards the edges. An elusive rush whirls in the photographies themselves; the viewer is left with the unclear fog of a befuddling haze. Historical images are a turbulent realm, uncomfortable and oppressive. And yet, there is something homey, familiar, and close about them at the same time. Ines Agostinelli shows what binds people to themselves. She collects the images they collect. Gathered together from their private albums, some of the small-format photos are enlarged so as to be almost life-sized. Agostinelli re-photographs the photos; some of her compositions consist of choice details, revealing “content in the images that was unintentional and only captured by coincidence.” Lifted from their context with extreme close-up lenses, details turn the random aesthetic its precise opposite. The dissonant focus reverses the photograph’s core shapes. Though all subjects are captured with a digital camera, they are left unprocessed once the photo is taken. In this way, they liken themselves to the original, analogue processes with which most were taken in the fi rst place, a procedure which, by the way, was much more costly and made spontaneous photographs much more rare. A relative lack of depth of field renders Daedalian accidents more visible, creating a disconcerting three-dimensionality at the same time. They spur what “only appears to be movement,” where the “dream-like” pervades the “blur”. “A good example of this is the soldier,” she writes, “standing in front of the train car, in slight profi le. The original photo shows the entire train, a troops transport that has evidently been held up. A number of soldiers are standing or sitting on the train platform others keep a lookout through the windows, waiting to see what is going to happen. In the very back, we see a train employee (?) in a dark uniform, negotiating with some of the passengers.”

II

She collects images like these and assembles them into a series. The exhibition itself also consists of three, enlarged Diasec-print photographs with superimposed faces, two videos and a hexagonal listening box. Spoken texts based on excerpts from individual interviews, “designed like the chronological leaps of memory in one single biography”. On the inside walls of the acoustic box we find digital collages. One of their initial photographies: a multi-figured group photo taken on an ocean liner carrying emigrants overseas. This is supplemented by two videos. In “Untitled I”, we see the photo material animated and condensed into a twelve-minute loop, while in “Untitled II”, the people visible in the original film material are blotted out of sight. As with the blurring, there is a visual periphery, the manifestation of self based on appearance alone – the gaze of the other. Every subject Agostinelli chooses from those voluntarily lent to her is denaturalized and estranged. They appear as though propelled by the heat of internal motion. This quasi-kinetic energy renders them less recognizeable. Thus the personal has to be minimized in order to show the universal. In all of the photos, even the supposedly private or intimate ones, we also fi nd a general understanding of the image, collective representations and the hidden constraints of visual culture. “Specificity seemed more of a hindrance to me,” she says. “So I chose pictures that I see as being anchored in the collective, ones that trigger associations and personal memories through the ages. To name a very simple example: the picture of legs in a summer meadow. Everyone knows excursions on a hot day, relaxing in the shade, grasses and flowers on your skin.” Through comparison and overlay, collage and assemblage, the personal elapses and dissolves into that of a stranger. The “I” becomes a possible Other; every Other becomes a possible “I”.

 

III

Conventional photographic images provide facts, first and foremost. Photographs are witnesses to their time – in the case of visual memories – photographic records of one’s own history, fragments of what once was. These certainties are forfeited in Agostinelli’s work; the images are manipulated and set to whirling, as though an uncertainty of perception was inscribed in the pictures from the start. Is there such a thing? A photograph that, at the moment of its inception, already contains an obscurity that will only reveal itself over the course of time. Could it be that photography, which is still the most objective means of recording something visually, is already a magical impression from the outset – one already containing its future interpretations in the now? Is the drawing of future time already present in the moment in which it is taken? Isn’t “becoming” already inherent to a photograph’s existence? Whatever the answer to these questions, it is clear that the image and the experience of the image are thrown out of balance in Agostinelli’s work, since they liquefy and flow into one another. One can hardly make out whether images trigger a memory or memories trigger an image. What drives these photographs to estrangement is the interplay of the seen-now and seen-anew – a feeling of uncertainty that can be both pleasurable and painful.

 

IV

Agostinelli put out a call on the radio and television, asking people from Vorarlberg to submit personal photographs of their biography. Eighty people responded. Agostinelli took care that every individual who submitted is represented in her work at the ORF Center, compiling hundreds of photographs into her video “Untitled I”. This also increases the number of people portrayed in the work, as many of these images contain more than one person, and many of those depicted are unidentifi ed. Prior to this, she goes about collecting contributions and conversations. The people are surprisingly communicative; it’s astonishing how many people feel the need to tell her about themselves and their loved ones – particularly their own, personal histories. The artist is made a biographer, almost a public archive that receives not only materials, but also individual moods. Intimate memories, life stories, worldviews and personal retrospectives pile up in her studio. The idea is to make a selection. What remains will be kept for further use. Private stories are made public.

 

V

“Every happy, contemplative time we open a book, shouldn’t we reflect on what a miracle it is that this text came to us in the first place?”, Georges Didi-Huberman once pondered. He speaks of the obstacles inherent to capturing and recording. For him, the true substance of the archive can be found in the gaps, “in knowledge riddled with holes.” Agostinelli’s photographs are defi ned not by holes, but disturbances, movements and motivations. Her pictures seem propelled by waves, blown by winds or washed away in the waters. Supposed gaps become evaporated matter, drifting from the center to the edges. One of these pictures shows a boy wearing a soldier’s helmet. Behind him are his playmates. They are laughing and cheerful. The boy hurls himself at his rival with all the boisterous verve of a young David. With his entire body he tries, aided by the momentum of his extended arm, to pitch a stone or some other projectile forward. For the amusement of his companions, he simulates the determination of a serious attack. It is no superhuman monster that this five-year-old is about to defeat – that much we know – but some animal. An insect, maybe, or a green frog. It could even be a gang-war scuffle; perhaps an unpopular opponent his same age is already on the ground. His victim was cropped out of the picture. What remains is the presumption of guilt behind vivid childhood aggression. But the play battle also bears witness to other larger, more alarming dimensions. Isn’t it only testament to the fact that children in this country – not much older than these – were used by military forces in more sinister times? His readiness to conquer the monster, the Goliath, stands for the mangy historical force of the ideology at that time; one that fancied itself unconquerable and millennial, and encouraged martial play in its children. It is as though the black-and-white photo was carried away by the boy’s movement; his three companions are the witnesses. They are the recourse, even the rear guard for the little, martial avant-garde – as though spurred by the machineries of a modern age that paid dearly for its hubris. He feels the competence bestowed upon him by the steel helmet. With this weapon, which is actually a protective cover, his willingness to perform grows to that of an adolescent, if not an adult in terms of force. The young man fancies himself a young hero, a warmonger. His lively gesture reflects the mobilization of foolishness at that time, where willingness and ability suddenly lapse into one. He is the powerful, modern, adept presence, annihilating the enlightened, liberal resistance with a single blow.

 

VI

Thus, the core guilt associated with the previous century seems condensed within this private, almost random snapshot. Perhaps, as Agostinelli has said, the photographs become effective exactly for this reason – in the fact that, through her manipulation, they are “historical in origin, but not in terms of content.” This is not, however, to say that the images are without history. On the contrary, it is precisely in the fact that they are blanked out that the problem of both the processing of history and images becomes apparent. Agostinelli, who deals with a similar set of questions in her exhibition and book project “Kuranstalt” (Sanatorium), analyses not only historical locations and their “cross-connections” to Nazi crimes, but also the ways in which they are dealt with today. Built after the war, the sanatorium was headed by a doctor who earned his merits during National Socialism, and whose mentor committed suicide before he could testify in the Nuremberg Trials. This did not prevent him from hanging a portrait of his role model in his offi ce. Images are testament to history, but also witness to a Now from which they did not originate. The many Jewish patients treated there might not have suspected anything unusual about the portrait, though it watched over their medical treatment with eyes steeped in precarious history. What is the Nazi era if not a time of followers and spectators, ones “to whom we like to attribute the words ‘we didn’t know anything?’” For years, the Vorarlberg historians responsible for exposing the region’s repressed Nazi past needed police protection. Visual literacy is essential to understanding history, yet it remains a critical fi eld as photographs of crimes, conflict and war are for the most part images generated by media. They are subject to predetermined filters that hamper unbiased exposure through subsequent history, and are thus inscribed with the technological standards of whatever recording possibilities exist at that particular time. We can easily see this in the blurred elements, which owe less to viewing requirements than the respective laws of the apparatus used to capture them. Forms of distribution are another critical factor. The transmission of information is faster, more transparent, and more complex in the internet age than it was in the 1940s. But even then, a reader could have found certain reports and images questionable. Pictures alone are still not necessarily incentives for action. Agostinelli has little more confidence in the civil courage of the contemporary population. “When I’m holding a magazine in my Hand with reports about terror regimes today, human experiments taking place today, torture today, and prison camps that – in so many respects – are so barbarously similar to the concentration camps back then, etc… I decide based on my state of mind whether I can burden myself with this information or not. And even if I read the article, then I do so as the most minimal sign of solidarity because I know that I will not do anything beyond that.”

 

VII

The aftermath of deceit turns to shame in the memory of the next generation. The reluctance commit some history-obliterating act of violence to the image that could retroactively affect its owner is certainly what saved it from destruction. Anyone with these and similar kinds of evidence cannot entirely escape the dubiousness of his or her ancestors. For just a few photos of fi ghting, helmeted soldiers remain, especially those showing not only helmets but uniforms, insignia and weapons. These had to be destroyed, even if they were once taken with pride. They had to disappear, because it was the only way to suppress and expel their future memory. This proves that the photographs already carry their future fate within them. Because photographs make the time stand still, and from then on, their documentary value stubbornly resists historical misrepresentation. But the picture with the preschoolboys represents something else as well, namely exploitation the way innocence was collected in this monstrous time, the way childlike ignorance was infected with belligerence. In that, it incriminates the others, the elderly and parents, the followers and those in power. And finally, precisely on account of this naivety, it foreshadows the downfall to which the Goliaths of the Third Reich would eventually succumb after all. He who incites small children to seize power by fist and force, will die by this very fist. The boy’s shadowy eyes suggest this, and it is no less evident in the melting contours of his companions. It is precisely because the photograph is melting away that it is capable of preserving the contradictions of history, which are as private as they are political and collective.

 

VIII

The archive is grey. Didi-Huberman said it shows the ashes of the beleaguered, traces of the charred. Every witness conceals a memory of the fi re. The pictures Agostinelli shows prove otherwise. They are hardly marked by fire but more by water, by the streaks of dilution and washing-way. Photographic images come to life in a tub of water. Touched by chemical fluids, the invisible impression of light becomes a visible image. Some of Agostinelli’s subjects are reminiscent of these effects, which were more often used when photography was still analogue and realizing pictures was still a process. Maybe this trace of liquid is the counterpart to the fire. Does fi re show us the destruction of culture and water ist emergence? In any case, this touches upon a cultural archeology, one that takes image production into account in two ways. It is about a contrast between the material and the mental. What looms in Agostinelli’s photograph collections is not a vanishing but an emerging. The “not yet” that the image reveals in its own realization. Thus also the radical exhaustion of focus, where the center of the image appears more solid than the runny, confusing zones closer to the edges. The idea of dilution is only justified mentally, not materially, because it is only by way of liquefied ontology that it comes into its tangible being as known to us. In short, as an object, the photograph aims at a future, at a “more” and a “becoming”. Thus the picture – as a manifestation, perception and concept – is a “something” that loses its way in memory. In remembering, we lose the present. Images melt away, slipping down through our fingers like liquid. The experience emerges out of the water, so to speak, evaporates back into it, threaten to go under and, in an attempt at arresting, sinks into the darkness of forgetfulness. Every image of memory is shadowed by this reluctance of the poor and deficient. Yes, it can be brought back to the present. And yet it remains only an impression of a lost experience. It loses itself in an insufficiency, transience and dissolution. Agostinelli siezes on this opposition of materiality and mentality, working with the ambivalence of “too much” and “too little”. With her aesthetic interventions, she heightens the vertigo of an imagination hard at work – for it is only through subsequent blurring that the gaps between separate spaces and times grow even larger.

 

IX

Another example is the photograph of an embracing couple. The two are lying on a striped bedspread. Of the man, we only see his bare back, parts of his trousers and his right arm. The woman has turned to him and is tenderly holding his head, which is buried in the cushions. Her right hand lifts the suspender that splits into two, slim belts between his shoulders. The game is sexy; the erotic attraction, the titillation of them having found this little fetish is palpable. Maybe, her careful touch on the suspenders constitutes something of the “punctum” Roland Barthes spoke of – a moment in the photograph that goes beyond the realm of language. It is something of this same moment, or rather momentum (because it is about movement, not time) that nevertheless transfixes, drawing us into a spell from which we cannot break away. Agostinelli trains her focus near this touch, near the “punctum”. The sharpest point of the image is the waistband of the man’s trousers. The rest of the background, even the woman’s lower body vanishes in a misty haze. The image’s ascending diagonal acts as the organizing principle of this division. Everything above it falls prey to undulating, undefined, three-dimensional shapes. We see the beginnings of love as though through a magnifying glass or a crystal ball. It emerges anew, rises from the clay-colored background and, though long buried or never experienced, can be relived through the picture. Although this photograph is black-and-white or “grey”, as Didi-Huberman says of all archive materials, a sense of color is apparent. It is to this ostensible coloring that we can attribute the breath of life, the presence, even the picture’s emotional pull. Agostinelli speaks of “chromatic aberrations”. And still. Even under the soothing amalgam of mist and perceived color, we sense the bitter time in which this picture was taken. A probing historical look renders this gray a grayish or even grizzly, cruel. Only one detail would lead us to conclude something about the date of its making. The woman’s hairstyle. The lover has a 1940s coiffure. It is the undulating waves made with curling tongs, falling neatly over the side of her face. This suffi ces as a reason to see oppression even in the carefree loveplay; the erotic idleness could even be interpreted as irresponsibility. Because unlike the couple, we the beholders of the photo cannot fail to recognize history, the sweet blindness of deceit. Agostinelli both confirms and corrects at the same time. Anyone looking at the picture would indeed imagine it to be a photograph taken during the Second World War. This conclusion, however – stemming more from projection than from knowledge – is incorrect. “The picture is taken from a handwritten chronicle, a kind of mountain cabin diary with photos pasted in it, starting with the early 1920s and ending in the mid-1930s.” Still, historical details come together, especially with today’s watered-down (hind-)sight. They fill the gaps of a memory that recalls a time it has never experienced, which is precisely why it appears so vivid in the mind’s eye.